Doch dann zertrümmerte die Wahrheit meine Welt: Ich hörte, wie Maximilian gestand, dass unsere gesamte Beziehung eine kalkulierte Lüge war, nur dazu gedacht, mich – und diese Fotos – als „brisantes Material“ zu benutzen, um das aufstrebende Tech-Imperium meines Adoptivbruders zu vernichten.
Er hatte sogar einen Überfall inszeniert, um mein Vertrauen zu gewinnen.
Jede zärtliche Geste, jeder beschützende Akt war eine grausame Inszenierung.
Sein vergoldetes Penthouse wurde zu einem goldenen Käfig, und seine Intrigen wurden immer perfider, schlossen sogar körperliche Gewalt mit ein, nur um mich zu kontrollieren.
Ich war eine Schachfigur in einem Spiel, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich es spielte.
Wie konnte ich nur so blind sein?
Die Demütigung brannte wie Säure, aber sie entfachte eine eiskalte Wut, die mich verzehrte, während dieses Monster mein Vertrauen ausnutzte und meine Liebe in eine Waffe gegen die einzige Familie verwandelte, die ich hatte.
Aber Maximilian hatte mich unterschätzt; ich war kein Opfer mehr; ich war ein Lauffeuer.
Methodisch löschte ich jedes belastende Geheimnis und organisierte dann meine Flucht.
Er jagte mich quer durchs Land, ein gebrochener Mann, der um Gnade flehte, nur um mich am Altar zu finden, auf dem Weg zu dem Mann, der mich wirklich liebte.
Seine Welt zerfallen zu sehen, wissend, dass ich seinen Untergang inszeniert hatte, war die süßeste Rache.
Kapitel 1
Lea Schmidt starrte an die Decke des luxuriösen Hamburger Penthouses, die Seidenlaken kühl auf ihrer Haut.
Maximilian von Ahrens, älter, mächtig und all das, worauf ihre Herkunft aus Mecklenburg-Vorpommern sie nicht vorbereitet hatte, justierte den Winkel seines Handys.
„Nur noch eins, mein Lauffeuer“, murmelte er, seine Stimme ein tiefes Brummen, das sie normalerweise zum Schmelzen brachte. „Für uns.“
Sein „uns“ war eine geheime Welt, achtzehn Monate tief, verborgen, weil Maximilian der erbitterte Geschäftsrivale ihres Bruders Jonas war. Jonas, der Tech-Unternehmer in Berlin, der Junge, den ihre Eltern adoptiert und wie ihren eigenen geliebt hatten, derjenige, der sie immer beschützt hatte. Er würde das hassen. Er würde Maximilian hassen.
Lea wusste das. Maximilian wusste das. Es war der aufregende, gefährliche Reiz ihrer Affäre.
Das Klicken der Handykamera war leise, aber es hallte in der opulenten Stille wider.
Lea bewegte sich, ein Flackern des Unbehagens in ihren Augen. „Maximilian, brauchen wir wirklich so viele?“
Sie war Kunststudentin an der HFBK Hamburg mit einem prestigeträchtigen Stipendium. Ihr „besonderes Etwas“, wie Maximilian es nannte, war ihr Talent, die Art, wie sie die Welt sah. Er behauptete, es zu bewundern, sie zu bewundern.
Aber diese Fotosessions, immer intim, immer auf sein Drängen hin, fühlten sich weniger nach Kunst an und mehr nach … etwas anderem. Etwas, das sie nicht ganz benennen konnte, das ihr aber ein mulmiges Gefühl im Magen verursachte.
Maximilian senkte das Handy, sein charismatisches Lächeln entwaffnete sie sofort.
„Sie sind ein Zeugnis unserer Liebe, Lea. Ungefiltert. Leidenschaftlich. Nur für meine Augen.“
Er beugte sich vor und küsste ihre Stirn. „Meine wunderschöne, vertrauensvolle Muse.“
Seine Worte, geschmeidig wie alter Whiskey, wirkten normalerweise. Sie wollte ihm glauben, musste es. Diese Liebe, dieses Geheimnis, war das Intensivste, was sie je erlebt hatte.
Er nannte sie oft „mein Lauffeuer“, ein Spitzname, der sie sich gleichzeitig geschätzt und ein wenig leichtsinnig fühlen ließ.
Er warf einen Blick auf seine teure A. Lange & Söhne. „Ich muss los. Diese schreckliche Spendengala.“
Er zog sich schnell an und verwandelte sich vom Liebhaber zurück in Maximilian von Ahrens, den Immobilienmagnaten.
„Der Fahrer wartet in dreißig Minuten unten auf dich, okay?“, sagte er und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. „Ich rufe dich später an. Wir planen etwas fürs Wochenende.“
Er war schon halb zur Tür hinaus, seine Gedanken eindeutig beim Geschäft, bei der öffentlichen Fassade, die er Hamburg präsentierte.
Lea lag einen Moment da, der Duft seines Parfums hing in der Luft.
Desorientiert setzte sie sich auf. Ihr Blick fiel auf seinen Platin-Manschettenknopf auf dem Nachttisch, der mit dem winzigen, fast unsichtbaren „A“-Monogramm. Den würde er suchen.
Impulsiv beschloss sie, ihn ihm zu bringen. Eine kleine Geste. Vielleicht würde sie sich dadurch weniger wie ein Geheimnis und mehr wie ein Teil seines wirklichen Lebens fühlen, wenn auch nur für einen Moment.
Sie wusste, dass er vor der Gala in diesem exklusiven Club in der Innenstadt sein würde, einem Ort, an dem er oft informelle Treffen abhielt.
Der „Hanseaten-Club“ war ganz aus dunklem Holz und gedämpften Tönen. Lea, die sich in ihrer Kunststudenten-Kleidung fehl am Platz fühlte, schaffte es, an der Hauptlounge vorbeizuschlüpfen und zu den privaten Räumen zu gelangen, von denen sie wusste, dass Maximilian sie manchmal nutzte.
Sie hörte Stimmen aus einer leicht angelehnten Tür. Maximilians unverkennbares Lachen.
Dann sprach Markus, einer von Maximilians engsten Vertrauten, seine Stimme ölig vor Belustigung. „Ernsthaft, Maximilian, wie du dieses Schmidt-Mädel um den Finger gewickelt hast. Das ist ein Meisterwerk.“
David, ein anderer Kumpan, stimmte zu. „Und die ‚Kunststudentin‘ ist eine Goldgrube. Dieses Material? Unbezahlbar, wenn Jonas Schmidts Börsengang ansteht. Er wird zu sehr damit beschäftigt sein, den Skandal zu bewältigen, um sich zu konzentrieren.“
Lea erstarrte. Material? Jonas' Börsengang?
Maximilians Stimme, jetzt kälter, durchzogen von einer erschreckenden Genugtuung, die sie ihm gegenüber noch nie gehört hatte.
„Sie ist nur ein Mittel zum Zweck. Jonas Schmidt zu brechen, wird exquisit sein. Die Fotos, die Videos … sie werden ein ziemlich klares Bild zeichnen. Perfekt getimt, wird es seine Firma in den Ruin treiben, bevor sie überhaupt startet. Er wird nicht wissen, wie ihm geschieht.“
Er kicherte. „Und diese kleine ‚Rettungsaktion‘, die ich vor ein paar Monaten inszeniert habe? Der Überfall? Hat den Deal besiegelt. Sie vertraut mir jetzt vollkommen. Denkt, ich bin ihr Retter.“
Ihr „Retter“. Das Wort drehte sich in Leas Magen um wie ein Messer.
Leas Atem stockte. Ihre Hand flog zu ihrem Mund, um einen Schrei zu unterdrücken.
Die Dielen knarrten leise, als sie zurückwich.
„Was war das?“, fragte Markus mit scharfer Stimme.
Maximilians Schritte näherten sich der Tür. „Wahrscheinlich nur Personal.“
Lea stolperte zurück, ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen. Sie drehte sich um und floh, Tränen verschleierten ihre Sicht. Der opulente Korridor schien sich endlos zu erstrecken.
Ihre Ohren klingelten. Ihr Körper zitterte. Sie stürzte hinaus in die kühle Nachtluft, rang nach Atem, die Lichter der Stadt ein schwindelerregender, spöttischer Strudel.
Auf der panischen Taxifahrt zurück zu ihrer eigenen kleinen Studentenwohnung fügten sich die Teile mit brutaler Klarheit zusammen.
Der „inszenierte Überfall“, bei dem Maximilian wie ein Held aufgetaucht war und Angreifer abgewehrt hatte, die jetzt lächerlich unecht wirkten.
Der „Zwischenfall bei der öffentlichen Kunstausstellung“, den er so geschickt gelöst hatte, sodass sie sich ihm verpflichtet fühlte.
Jedes zärtliche Wort, jede leidenschaftliche Nacht, jedes Foto, zu dem er sie überredet hatte – alles eine Lüge. Eine kalkulierte, grausame Vorstellung.
Sie war eine Schachfigur. Eine Waffe, die auf Jonas gerichtet war.
Sie erinnerte sich, wie sie voller Träume in Hamburg ankam, entschlossen, sich einen Namen zu machen. Sie war eine Künstlerin, unabhängig, leidenschaftlich.
Dann war Maximilian von Ahrens bei einer Galerieeröffnung in ihr Leben getreten, charmant, kultiviert, scheinbar fasziniert von ihr und ihrer Arbeit. Er hatte wie ein Rettungsanker in der überwältigenden Stadt gewirkt, ein Beschützer.
Er hatte ihre Skizzen gelobt, ihre Vision. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, gesehen zu werden.
Was für eine Närrin sie gewesen war. Ein naives Mädchen aus Mecklenburg, leicht zu blenden, leicht zu täuschen.
Er hatte sie unerbittlich umworben, sie mit Aufmerksamkeit überschüttet und ihr Versprechungen von einer Zukunft zugeflüstert.
„Du bist anders, Lea“, hatte er mit aufrichtigen Augen gesagt. „Du bist echt. Diese Sache zwischen uns? Sie ist echt.“
Sie hatte ihm geglaubt. Sie hatte sich in ein Phantom verliebt, eine sorgfältig konstruierte Illusion, die dazu bestimmt war, ihren Bruder zu zerstören.
Die Stadt fühlte sich an, als würde sie sich um sie schließen, die glitzernde Skyline nun ein Denkmal ihrer eigenen Dummheit. Die Asche Hamburgs. Ihr Lauffeuer war erloschen und hinterließ nur kalten, bitteren Staub.
Zurück in ihrem winzigen Zimmer, zitternd, tastete sie nach ihrem Handy. Ihr erster Instinkt war Jonas. Immer Jonas.
Als ob er ihre Notlage quer durchs Land spürte, summte ihr Handy fast sofort. Er war es.
„Lea? Du klingst … seltsam. Was ist los?“ Jonas' Stimme, normalerweise so ruhig und beständig, war angespannt vor Sorge.
Tränen strömten über ihr Gesicht. „Jonas“, würgte sie hervor, „ich … ich stecke in Schwierigkeiten. Ich muss aus Hamburg weg. Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht.“
Sie konnte sich nicht dazu durchringen, ihm die ganze Wahrheit zu sagen, noch nicht. Die Scham war zu frisch.
„Sag kein Wort mehr“, sagte Jonas, seine Stimme fest, aber sanft. „Ich buche dir einen Flug nach Kalifornien. Den ersten morgen früh. Ich finanziere eine neue Kunststiftung. Ich brauche jemanden, dem ich vertraue, um sie zu leiten. Der Job gehört dir, wenn du ihn willst. Ein Neuanfang, Lea.“
Ein Neuanfang. Es klang wie Erlösung.
„Ja“, flüsterte sie. „Ja, bitte.“